Die Qualitätssicherung der Praxisapotheke von Karin Lottenbach

Als medizinische Praxiskoordinatorin arbeite ich seit gut einem Jahr bei der Praxis-koordination Carnier GmbH Praxiskoordination. Wir sind ein Jungunternehmen, welches sich für fortschrittliche und nachhaltige Prozesse und Qualitätsentwicklung in Arztpraxen einsetzt. Wir betreuen und begleiten Arztpraxen im Aufbau von Qualitätsmanagementsystemen. Im Juni 2020 übernahm ich ein Mandat in einer Praxis mit der Aufgabe, das Qualitätsmanagement in der Praxisapotheke zu überprüfen und die Prozesse zu optimieren.

März, 2020: Die Heilmittelkontrolle führt die Inspektion der Praxisapotheke durch.

März, 2020: Eintreffen des Berichts der Heilmittelkontrolle über die Inspektion der Praxisapotheke vom 15. März 2020. Das Qualitätssicherungssystem entspricht nicht den Anforderungen. Die Praxis hat bis am 30. Mai 2020 Zeit, ein neues Qualitätssicherungs­system einzureichen.

April, 2020: Erneutes Einreichen des Qualitätssicherungssystems an die Heilmittelkontrolle.

Juni, 2020: Eintreffen des zweiten Berichts der Heilmittelkontrolle. Das Qualitäts­sicherungssystem entspricht immer noch nicht allen Anforderungen. Es wurden wieder diverse Mängel festgestellt.

Bis am 15. September: Die Heilmittelkontrolle setzt eine neue und letzte Frist zum Überarbeiten des Qualitätssicherungssystems. Nur wenn diese Prüfung die Anforder­ungen der Heilmittelkontrolle erfüllt, darf die selbstdispensierende Praxisapotheke weiterhin betrieben werden.

Am zweiten Tag bearbeite ich vor allem Prozesse aus dem Bereich Personal. Dazu verwende ich bereits erhaltene Informationen des ersten Tages in der Praxis, sowie die Liste der Mängel von der Heilmittelkontrolle.

Notizen zum Qualitätshandbuch

Es besteht aus einem kleinen Ordner, der ein paar lose Blätter enthält, die auf den ersten Blick alle unterschiedlich aussehen. Einige wenige Prozesse sind zwar vorhanden, oft sind es jedoch Standardprozesse, die nicht auf die Praxis abgestimmt sind.

Ziel: Innerhalb von 4 Wochen muss das Qualitätssicherungssystem den Anforderungen der Heilmittelkontrolle entsprechen, damit die selbstdispensierende Praxisapotheke weiterhin betrieben werden darf.

Mit der Geschäftsleitung der Kundschaft wurde besprochen, welches Medium für das Qualitätshandbuch gewählt werden soll. Zur Auswahl stehen zwei verschiedene Methoden: Klassisch auf Papier in einem Ordner oder webbasiert in einem digitalen Nachschlagewerk.

Alle erarbeiteten Prozesse werden ins digitale Praxishandbuch Praxishandbuch | Kerstin Carnier | Praxiskoordination Carnier GmbH übertragen. Da dieses Handbuch webbasiert ist, kann jeder Standort des Unternehmens in Zukunft darauf zugreifen. Videos und Links können in Zukunft direkt in die Arbeitsanleitungen des Qualitätshandbuches integriert werden und bringen so einen enormen Mehrwert für die Mitarbeitenden.

Erarbeitung des Prozesses “Abgabe von Heilmitteln”

Dieser Prozess ist einer der wichtigsten in der ganzen Praxisapotheke. Mängel in diesem Bereich werden auch als kritisch beurteilt. Die Abgabe von zu starken oder falschen Medikamenten kann die Patientensicherheit stark gefährden. Darum wird auch hier die Heilmittelkontrolle besonders darauf achten, wie dieser Prozess beschrieben wird.

Um die Prozesse einheitlich darzustellen, werden Arbeitsanleitungen, sogenannte SOP (Standard operating procedure) erstellt. Sie beschreiben, wie eine Tätigkeit durchgeführt wird. Jeder erstellte Prozess wird mit dem Leitfaden und den Regeln der Guten Abgabepraxis verglichen. Diese Kontrolle ist sehr wichtig, da so noch vorhandene Fehler oder Unvollständigkeiten entdeckt und behoben werden können.

Die standardisierten Prozesse der Medikamentenlieferanten waren sehr hilfreich. Einige Inhalte konnte ich übernehmen, vieles aber musste neu geschrieben und auf die Praxis abgestimmt werden. Da die Prozesse nur erarbeitet und nicht gleich implementiert werden, wird sich erst später zeigen, wie sie sich dann im Arbeitsalltag umsetzen lassen.

Alle erstellten Prozesse entsprechen nun den Anforderungen der Heilmittelkontrolle. Somit wurde das Ziel der Planungsphase vollumfänglich erreicht. Ob sich alle Prozesse im Praxisalltag umsetzen lassen, wird sich erst bei der Implemen­tierung zeigen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass noch gewisse Anpassungen vorgenommen werden müssen. Dies ist aber auch im Sinne des KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess), bei dem es darum geht, Arbeitsabläufe ständig zu verbessern und Prozesse zu optimieren.

Am letzten Tag, an welchem ich in der Praxis bin, ist ein Workshop mit dem leitenden Arzt und dem Geschäftsführer geplant. Sie müssen alle erarbeiteten Prozesse prüfen und freigeben.

Mein Fazit 

Das fehlende Wissen aller nichtärztlichen Mitarbeitenden kam im gesamten Bearbeitungs­prozess sehr stark zum Ausdruck. Oft wussten die Mitarbeitenden gar nicht warum sie was machen sollen. Dies erschwerte meine Arbeit, da ich nur bedingt auf vorhandenes Wissen zählen konnte. Das erste Ziel, nämlich das alle Prozesse den Anforderungen der Heilmittelkontrolle entsprechen, ist erreicht. Nun kann das nächste und ebenso wichtige Ziel, nämlich die Einführung sämtlicher Prozesse in der Praxis, in Angriff genommen werden. Nur wenn die Prozesse implementiert und danach aktiv gelebt werden, erntet man den vollen Nutzen eines Qualitätsmanagementsystems.

Autorin: Karin Lottenbach eidg. FA medizinische Praxiskoordinatorin – Zusammenfassung der Fallstudie “Die Qualitätssicherung der Praxisapotheke”

Herzlichen Glückwunsch zur sensationell bestandenen Berufsprüfung Karin!