Die Digitalisierung hält weiter Einzug und pflügt das Qualitätsbewusstsein in der Arztpraxis um. Der Wandel ist für viele Praxen spürbar, deshalb wird die zunehmende Überforderung der Praxisteams mit Aufstockung der personellen Ressourcen kompensiert. Die Anwendung von Instrumenten des Qualitätsmanagements wäre um ein Vielfaches besser.

Die aktive Auseinandersetzung mit Prozessen und Qualität findet im Praxisalltag oftmals nur zu Randzeiten statt. Man habe keine Zeit, der Fokus werde auf die Behandlung der Patienten gelegt. Die Arztpraxis befindet sich damit auf dem klassischen Verkäufermarkt. Dabei ist das Qualitätsbewusstsein nicht so wichtig, denn es geht im Wesentlichen um die Erbringung der Dienstleistung. Fehler (z.B. Abgabe falsches Medikament, Allergie wird nicht berücksichtigt) werden deshalb oftmals als menschliches Versagen gesehen. Bei immer wiederkehrenden Fehlern, werden Mitarbeitende ausgetauscht oder sanktioniert. Fehlerkosten entstehen dann auf der Qualitäts-, und Personalebene. Eine System-, beziehungsweise Prozessanalyse wird nicht in Betracht gezogen und eine praxisinterne Auseinandersetzung mit den Fehlern bleibt aus.

In der Praxis sehe ich oft Fehler und Blindleistungen (sinnlose oder überflüssige Tätigkeiten), welche nicht hinterfragt werden. Und obschon diese Fehler spürbar Reibungsverluste verursachen (Reklamation, interne Konflikte etc.), wird das Problem nicht auf der analytischen Ebene angegangen.

Es gibt sehr gute und einfache Methoden das Qualitätsmanagement in die Arztpraxis zu verankern. Und hier kommt die Digitalisierung ins Spiel. Die Validierung der Prozesse ist erst dann möglich, wenn Daten vorhanden sind. Natürlich kann auch eine einfache Fehlersammelliste Informationen sammeln, aber mit der geeigneten IT Lösung können eben auch Zusammenhänge besser erkannt und grafisch abgebildet werden. Als Beispiel kann hier das Praxislabor genannt werden. Laborgeräte, die an die IT angeschlossen sind, dokumentieren Ausreisser (ausserhalb Sollbereich) und der Verlauf kann grafisch und übersichtlich dargestellt werden. Systemfehler können schnell erkannt und Prozesse angepasst werden. (z.B. Ausreisser wegen falscher Pipettenanwendung, falsche Auflösung der Kontrolllösungen etc.) Der Verlauf der gemessenen Laboranalysen sollte regelmässig statistisch abgerufen und kontrolliert werden (Patientensicherheit).

In einer Arztpraxis gibt es viele Bereiche, in denen eine Qualitätssicherung nicht nur vom kantonalen Gesundheitsamt vorgeschrieben ist, sondern auch einen echten Mehrwert für den Betrieb und die Patienten mit sich bringt.

Beispiele:

Digitale Prozesse der elektronischen Agendaplanung

  • Gutes Triagieren der MPA (Ressourcenplanung, Produktivität, Patientenservice, Patientensicherheit)
  • Zielwerte definieren (Produktivität, Wirtschaftlichkeit)
  • Puffer für Notfallpatienten (Patientenservice, Patientensicherheit)
  • Recall Termine digitalisiert (Patientenservice)

Digitale Prozesse medizinische Patienteninformationen

  • Schnelle Patientenüberweisung an Fachärzte und Therapeuten (Patientenservice, Produktivität)
  • Sicherheit bei Datentransfer (Patientensicherheit, Produktivität)
  • Förderung integrierte Patientenversorgung (Patientensicherheit, Patientenservice)
  • Elektronische Krankengeschichte (Patientensicherheit, Controlling, Produktivität)
  • Anschluss Laborgeräte, Röntgen, EKG andere med. tech. Geräte an IT (Patientensicherheit, Controlling, Produktivität)
  • Verordnung Medikamente und Heilmittel (Patientensicherheit, Controlling, Patientenservice)
  • Implementierung Disease Management / Chronic Care (Patientensicherheit, Patientenservice)

Digitale Prozesse Praxisadministration

  • Erfassung managed care Patienten (Controlling, Wirtschaftlichkeit)
  • Korrekte Fallerfassung (Controlling, Patientenservice)
  • Korrekte Leistungserfassung (Controlling, Patientenservice, Wirtschaftlichkeit)
  • Lagerbewirtschaftung und Dokumentation Medikamente und Medizinische Hilfsmittel (Controlling, Wirtschaftlichkeit, Patientensicherheit)
  • Bearbeitung von Rechnungsrückweisung (Patientenservice, Wirtschaftlichkeit, Produktivität)

Neben den technischen und funktionalen Anforderungen an die Qualität der Arztpraxis, sind die emotionalen Einflussgrössen für eine erfolgreiche Implementierung von grosser Bedeutung. Ein Praxisteam, das den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen kann, ist kaum in der Lage Qualitätsbewusstsein nachhaltig zu entwickeln. Es ist deshalb sehr wichtig, dass auch MPA regelmässig Qualitätsthemen zusammen erarbeiten können (die Grösse des Teams ist dabei nicht entscheidend). Bei einer Prozessentwicklung / Optimierung sollte sich das Praxisteam auch die elementare Frage stellen «Warum machen wir etwas so, wie wir es machen?». Das Ursache-Wirkungs-Diagramm (Ishikawa-Diagramm) bietet zudem eine einfache Problemlösungsmethode und kann sehr gut in einem MPA oder Praxisteam Qualitätszirkel angewendet werden. Auch Konflikte innerhalb des Teams, welche vielleicht aufgrund unterschiedlicher Arbeitsweisen entstanden sind, lassen sich gut durch Datenauswertung und Analyse beheben.

Sehr viele Qualitätskriterien in der Arztpraxis, können mit einer guten IT Lösung und digitalisierten Prozessen vollumfänglich erfüllt werden. Die Kosten für anfängliche Einführung eines Qualitätsmanagements und einer umfassenden IT Lösung sind innerhalb kurzer Zeit amortisiert. Fehlerkosten können reduziert und der Einsatz von Ressourcen besser kalkuliert werden. Die Voraussetzungen sind motivierte und flexible Ärzte und MPA, welche die Wahrnehmung ihres täglichen Engagements positiv beeinflussen wollen.

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Die Praxiskoordination Carnier GmbH setzt sich für die fortschrittliche und nachhaltige Prozess-, und Qualitätsentwicklung in Ärztepraxen ein.

publiziert am 21.12.2018 auf LinkedIn, Autorin Kerstin Carnier